Tag der Befreiung: Mahnung für Gegenwart und Zukunft - Gedenkstele eingeweiht
Brieselang. Mit einer würdevollen Gedenkveranstaltung am Mahnmal für die Opfer des Faschismus hat die Gemeinde Brieselang am Donnerstagabend an die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus vor 80 Jahren erinnert. Rund 40 Menschen kamen am 8. Mai zusammen, um der Opfer des NS-Regimes zu gedenken und ein Zeichen gegen das Vergessen sowie gegen aktuelle Tendenzen von Hass, Ausgrenzung und Rechtsextremismus zu setzen.
Bürgermeisterin Kathrin Neumann-Riedel betonte in ihrer Rede die historische wie auch gegenwärtige Bedeutung des 8. Mai: „Dieser Tag ist ein Tag des Gedenkens an die Opfer, aber auch ein Tag der Erinnerung an jene, die Mut bewiesen haben.“ Sie erinnerte mit einem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker aus dem Jahr 1985 daran, dass der 8. Mai 1945 nicht als Tag eines Sieges, sondern als „Ende eines Irrweges deutscher Geschichte“ zu verstehen sei – als Beginn einer Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Die Bürgermeisterin stellte klar, dass auch heute wieder Irrwege beschritten würden – etwa durch das Propagieren durch Hass und Hetze.
Auch Frank Hilbig (DBA), stellvertretender Vorsitzender der Gemeindevertretung, mahnte in seiner Rede: „Der 8. Mai ist nicht nur ein Tag des Erinnerns, sondern auch ein Tag der Verpflichtung. Jeder Einzelne ist gefragt, im Alltag Haltung zu zeigen – ob am Kaffeetisch oder beim Grillabend.“ Die Erinnerung an die Befreiung sei nicht nur Mahnung, sondern Auftrag, Demokratie und Mitmenschlichkeit aktiv zu gestalten.
Die Gemeindevertreterinnen Antje Koch (Die Linke) und Anke Miltenberger (SPD) schlossen sich diesen Appellen an. Koch wies auf aktuelle Tendenzen von Ausländerfeindlichkeit und gesellschaftlicher Spaltung hin: „Wir sind mehr geworden – das ist ein gutes Zeichen. Aber Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit. Es braucht Respekt und Mut, um sie zu verteidigen. Jeder Mensch muss frei sein – in seiner Meinung, Religion und Identität.“ Die Stimmen der Demokratie müssten lauter sein als die der Hetze“, so ihr Appell. Miltenberger erinnerte an Schicksale wie Elisabeth Bethge und Helmut Riedel, für die bereits Stolpersteine in Brieselang verlegt wurden. „Erinnerung ist der Schlüssel für eine friedliche Zukunft. Gerade in Zeiten wachsender Geschichtsvergessenheit ist es wichtig, sich der Vergangenheit zu stellen. Es gab Mitläufer, es gab das Schweigen – aber es gab auch Mut. Für viele war der 8. Mai 1945 der Tag der Hoffnung und der Befreiung von Angst.“
Nach einer Schweigeminute wurden Kränze und Blumen am Mahnmal niedergelegt. Musikalisch wurde die Veranstaltung unter anderem mit dem Lied „Auch für mich 6. Stunde“ von Kettcar begleitet.
Im Rahmen der Gedenkfeier wurde auch eine neue Stele am Mahnmal feierlich eingeweiht. Sie informiert über die Entstehung des Denkmals und die historischen Hintergründe der NS-Verbrechen. Die neue Stele wurde von Hartmut Bungies von der Brieselanger Metallfirma K & S gestiftet. Bürgermeisterin Neumann-Riedel würdigte sein langjähriges Engagement: „Dein persönlicher Einsatz für diesen Gedenkort verdient unseren größtmöglichen Respekt.“
Bungies hatte das Ehrenmal bereits im Jahr 2020 in Eigenregie saniert und dabei die farblichen Kennzeichnungen – sogenannte „Winkel“ – erneuert, die an die Kennzeichnung der Häftlinge in Konzentrationslagern erinnern. Mit der neuen Stele stellt er auf eigene Kosten einen Kontext zur Geschichte Brieselangs her – mit Informationen zu den NS-Verbrechen, zur Bedeutung des Mahnmals und einem Verweis auf eine Kundgebung am 16. April 1950, bei der ehemalige Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen aus 22 Nationen in Brieselang zusammenkamen. Die Inschrift auf der neuen Stele endet mit den Worten: „Wehret den Anfängen. Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“
Zum Hintergrund:
Das Ehrenmal wurde 1950 auf dem Platz des Friedens errichtet und ist seit 1985 als Baudenkmal anerkannt. Im Zuge der Sanierung des Bahnhofsvorplatzes wurde es 2006 an seinen heutigen Standort in der Thälmannstraße versetzt. Das Denkmal trägt die Aufschrift „Die Toten mahnen“ und zeigt auf allen vier Seiten die Winkel, die einst Häftlinge in Konzentrationslagern tragen mussten. Die roten Dreiecke stehen für politische Gefangene. Das Ehrenmal erinnert an die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur – auch in Brieselang, wo es während der NS-Zeit Zwangsarbeiter, Fremdarbeiter und Opfer von Verfolgung und Enteignung gab. Die Gemeinde Brieselang setzt mit der Gedenkveranstaltung und der neuen Stele, die Hartmut Bungies gestiftet hat, ein bewusstes Zeichen gegen das Vergessen – und für ein friedliches, demokratisches Miteinander.